Horst Hellinger
Platzgestaltung Spadendeich
1986
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Wenn der Wind über den Spadenteich in St. Georg weht, beginnen 24 übermannshohe Bleche, die auf dem Platz vor der Heiligen Dreieinigkeitskirche stehen, leise zu schwanken, wiegen sich sanft im Luftzug. Die sperrigen Stahlteile (circa 2,50 x 0,80 Meter), deren sensible Elastizität im Gegensatz zur Stärke des Materials zu stehen scheint, hat der in Hamburg lebende Bildhauer Horst Hellinger 1987 im Schnittpunkt der Blickachsen von Kirchenallee und Kirche im Boden verankert. Hochkant aufgestellt ragen die zum großen Teil verrosteten Bleche auf einer Art Landzunge empor. Hellinger, der den Platz zum Süden hin anheben ließ und mit einer doppelten Bordsteinkante von den Fahrbahnen trennte, hat die einzelnen Elemente zu einem lockeren Ensemble aufgestellt, durch das Passanten hindurchgehen können. Je nach Standort bietet diese bizarre Formation unterschiedliche Ansichten, Aussichten, Einsichten, öffnet und verschließt sich den Blicken.

Die Bleche stammen von Schiffen, die im Hamburger Hafen abgewrackt wurden. Die leichte Krümmung der Platten ist meist Folge der Hitzeeinwirkung, denn die Stücke wurden aus den Schiffsleibern ausgebrannt. An einigen Teilen aber läßt sich auch die Wölbung des Schiffskörpers noch erkennen. Dort, wo die Kranhaken angesetzt wurden, um die Bleche zu verladen, klaffen Öffnungen im Metall. Der Rost frißt sich stetig weiter über die Oberflächen.

Hellinger, 1949 in Frotheim geboren, hat lange Zeit bevorzugt ausrangierte, nutzlos gewordene Objekte gesammelt, die er zum Teil mit Schweißbrenner, Schmiedehammer und Bohrer bearbeitete. Im Hamburger Hafen, auf Schrottplätzen und Baustellen wurde er meist fündig, entdeckte jene vergessenen Dinge, die Geschichten erzählen können: Rohre, Eisenstücke oder ausgediente Wohnungstüren, die er 1981 zur Hamburger "Sanierungsspirale" zusammenstellte.

Den Plastiker und Zeichner, der 1982 ein Arbeitsstipendium der Freien und Hansestadt Hamburg erhielt, haben Projekte im öffentlichen Raum immer besonders gereizt. Kunst auf urbanen Plätzen, so fordert Hellinger, "muß für die Bewohner einer Stadt provozierend und anregend wirken". Mit seiner Arbeit am Spadenteich hat er nicht nur den Vorgaben entsprechend eine Fläche deutlich vom Autoverkehr ausgegrenzt, sie optisch und "funktional" Fußgängern zugeordnet; Hellinger gelang darüber hinaus eine Platzgestaltung, die Bezug nimmt auf Geschichte und Gegenwart Hamburgs: denn diese 24, inzwischen von Graffiti überzogenen Stahlbleche, die als Teil des Schiffsleibes über die Meere fuhren und nun als versprengtes Häuflein im Schutz der mächtigen Dreieinigkeitskirche stehen, sind Sinnbild für den Niedergang der einstmals blühenden Werftenindustrie.

Angelika Kindermann

Literatur:

Volker Plagemann (Hg.): Kunst im öffentlichen Raum, Köln 1989

Standort: Spadenteich, Nähe Hauptbahnhof

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