Sol LeWitt
"Black Form - Dedicated to the Missing Jews"
1987/1989
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Eine schwarze Form erinnert an die in Deutschland für immer fehlenden jüdischen Gemeinden. Ursprünglich hatte der amerikanische Künstler Sol LeWitt (geb. 1928) die "Black Form" für die Ausstellung "Skulptur-Projekte" 1987 in Münster entworfen. Der spätere Ankauf des Monumentes durch die Stadt Münster wurde von den verantwortlichen Politikern abgelehnt. In Hamburg-Altona gab es damals schon seit mehreren Jahren Überlegungen zu einem Denkmal für die durch die Nationalsozialisten zerstörte jüdische Gemeinde. Im November 1989 schenkte Sol LeWitt, der im Juli 1989 von der Hamburger Kulturbehörde einen Konzeptionsauftrag erhalten hatte, seine Skulptur "Black Form" der Stadt Hamburg. Sein Honorar für dieses "wichtigste Stück was ich je gemacht habe" stiftete er der "Foundation for the History of the German Jews".

Der schwarze Quader befindet sich heute im Zentrum des Parks auf dem Platz der Republik vor dem Altonaer Rathaus, genau axial zum Verlauf des Gebäudes. Gasbetonsteine wurden auf einem Fundament zu einem Block von fünfeinhalb Metern Länge, zwei Metern Höhe und zwei Metern Tiefe gemauert. Anschließend erhielt der Quader seine dichte, deckende schwarze Bemalung. Der Kunsttauffassung LeWitts entsprechend trägt die Skulptur keine Inschrift. Zwei Tafeln rechts und links von ihr übernehmen die erklärende Funktion. Sie skizzieren die Geschichte der Altonaer jüdischen Gemeinde.

Fast gleichzeitig mit der Stadt Altona war sie im 16. Jahrhundert entstanden. Gemeinsam entwickelten beide sich zu Blüte und Bedeutung. 1669 vereinigten sich die jüdischen Gemeinden von Hamburg, Altona und Wandsbek zur "Dreigemeinde" mit Altona als Sitz des Oberrabinats. 1941 begann die planmäßige Deportation der Altonaer Juden. Eine der wenigen nicht von den Nazis demolierten Stätten, die "Große Synagoge", wurde bei einem Bombenangriff im Juli 1943 zusammen mit dem umliegenden Stadtviertel Altonaer Altstadt vollständig zerstört.

Sol LeWitt hat die "Black Form" ausdrücklich für einen Standort vor einem repräsentativen Gebäude wie ursprünglich dem Münsteraner Schloß und jetzt dem Altonaer Rathaus konzipiert. Bar jeder Gefälligkeit und platten Schönheit soll der Quader in hartem Kontrast dazu stehen ­ unförmig, unbequem und verstörend.

Die "Black Form" gehört zu der Werkgruppe der seit Beginn der 80er Jahre entstehenden 'Pyramiden' und 'Kuben'. Sie ist die einzige schwarze Skulptur unter den sonst weiß bemalten Arbeiten. Anders als bei Ulrich Rückriem wird die massive Materialpräsenz von LeWitts Steinskulpturen durch die deckende Farbschichten zurückgenommen. So könnte auch der schwarze Quader als eine, den frühen "structures" ähnliche Hohlform betrachtet werden. Die "structures" beschreiben als offene Gitterformen dreidimensionale Körper und verleihen deren Volumen durch Leere Ausdruck. Die "Black Form" ist bildhafter Ausdruck eines schmerzhaften Fehlens, ein immerwährendes Provisorium, denn das, was er vertritt, ist nicht zu ersetzen.

Julia Mummenhoff


Literatur:

Klaus Bußmann; Kasper König (Hg.): Skulptur Projekte in Münster 1987, Köln 1987

The Museum of Modern Art (Hg.): Sol LeWitt-Structures 1962-1993, Oxford, 1993

Christina Bechtler; Charlotte Koerber (Hg.): Sol LeWitt. 100 Cubes, Stuttgart 1995


Weitere Arbeiten:

1982 Teilnahme am Projekt "Halle 6"




Standort:
Platz der Republik, axial vor dem Rathaus Altona - Bahnhof Altona, Fern- und S-Bahn-Aschlüsse (S31/S1/S3), Ausgang Museumstraße

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