"weitergehen" 1997 |
|
Die Hamburger Kulturbehörde setzt neuen Schwerpunkt bei "Kunst im öffentlichen Raum" Unter dem programmatischen Stichwort "weitergehen" hat die Kulturbehörde im Rahmen ihres Programms "Kunst im öffentlichen Raum" eine neue Initiative gestartet. Mit einer Folge von sehr unterschiedlichen Projekten sollen Möglichkeiten eines erweiterten Verständnisses von "Kunst im öffentlichen Raum" vorangetrieben bzw. experimentell ausgelotet werden. "weitergehen" fragt nach Strukturen von Öffentlichkeit heute. Was kann im Medienzeitalter als Raum verstanden werden? Wie läßt sich öffentlicher Raum definieren? Welche Verbindungen zum Feld der Kunst bestehen oder wie konstruiert eine kontextuell operierende Kunst heute Öffentlichkeit? "weitergehen" soll der Tatsache Rechnung tragen, daß in den 90er Jahren wichtige Tendenzen der zeitgenössischen Kunst wieder an fortschrittliche Kunstpositionen der 70er Jahre ankoppeln: Kontext und Verhaltenskonventionen werden hier beispielsweise zu Materialien der Werkkonzeption. "weitergehen" setzt auf modellhafte Realisierungen von Künstlerprojekten. Die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler sind als "Intendanten" aufgefordert, innerhalb selbstgewählter Handlungsfelder die Aktivitäten spezifisch zu prägen, sie können weitere Praktiker und Theoretiker unterschiedlichster Arbeitsfelder hinzuziehen. Die Wahl der Orte und Partner der Aktivitäten liegt in den Händen der Künstler. Besonderes Gewicht soll dabei auf der Kooperation zwischen diversen Institutionen und Firmen im kommunalen Verbund liegen. Jedes Einzelprojekt im Rahmen von "weitergehen" hat seinen eigenen inhaltlichen, zeitlichen und organisatorischen Rahmen. Begleitende Veranstaltungen verknüpfen dabei die Einzelprojekte, stellen sie zueinander in Beziehung und bieten Möglichkeiten der Diskussion und Reflexion zum "weitergehen" insgesamt. "weitergehen" ist kein fixiertes Programm, sondern ein bewußt offener und experimenteller Prozeß, der sich aus einzelnen Etappen und deren Reflexion über einen längeren Zeitraum als Schwerpunkt des Programms "Kunst im öffentlichen Raum" weiterentwickeln soll. Durch den Prozeß werden auch Antworten auf grundsätzliche Fragen zur gegenwärtigen Programmatik und Struktur des gesamten Programms "Kunst im öffentlichen Raum" erhofft: Welche künstlerischen Strategien und Methoden können künftig für ein Programm "Kunst im öffentlichen Raum" wichtig sein? Wird die derzeitige Struktur des Programms aktuellen künstlerischen Praxisformen und Ansprüchen noch gerecht? Welche Struktur braucht ein zukunftsfähiges und vorbildliches Programm "Kunst im öffentlichen Raum"? Folgende Künstlerinnen und Künstler wurden für "weitergehen" um Konzepte gebeten: Fareed Armaly, "Program" Um eine breitere öffentliche Diskussion über die Projektentwürfe zu ermöglichen, wurden diese im Mai/Juni 1997 im Kunstverein in Hamburg präsentiert und durch ein Vortrags- und Diskussionsprogramm vermittelt. Zur Präsentation erschien ein erster Newsletter, der zweite folgte im Oktober 1997 zum Symposium "Die Kunst des Öffentlichen", das im Rahmen von "weitergehen" ebenfalls im Kunstverein stattfand und an dem Marius Babias, Bojana Pejic, Stella Rollig, Pit Schultz und Gregor Stemmrich teilnahmen. Im Anschluß an die Präsentation empfahl die Kunstkommission möglichst alle Projektvorschläge zu realisieren. Die Projektvorschläge von Skene/Schäfer und Christian Philipp Müller waren bereits 1996 zur Realisierung in 1997 empfohlen worden. Im Februar 1997 - zur Eröffnung der Galerie der Gegenwart der Hamburger Kunsthalle - realisierte Christian Philipp Müller sein Projekt zur Konstruktion der Hamburger Kunstmeile. Auch das Vorhaben "Park Fiction", von Cathy Skene und Christoph Schäfer initiiert, befindet sich seit 1997 in der konkreten Realisierungsphase. Von Oktober 1997 arbeitete das in einem Container am Pinnasberg untergebrachte Planungsbüro der Arbeitsgruppe Park Fiction. Seit 1999 befassen sich die Arbeitsgruppe Park Fiction und die zuständigen Behörden mit der mittelfristigen Umsetzung der Pläne. Der "Hamburg Ersatz" von Dellbrügge & de Moll war von Anfang 1998 bis Mitte 2000 im Internet stationiert. "Program" von Fareed Armaly startete im Mai 1998. Die entstandenen TV-Clips sollen in 2000 im TV ausgestrahlt werden. Das Projekt von Michael Sorkin wurde im Januar/Februar 1999 im Kunstverein realisiert. Der Schriftzug von Fritz Rahmann soll - nach Nichtgenehmigung eines ersten Standortes auf der Autobahn bei den Elbbrücken - nun im Frühjahr 2002 an der Autobahn A7 in Höhe der Altenwerder Kirche am Rande des dort entstehenden Containerterminals errichtet werden. Ein wichtiger Baustein zum politischen und kulturellen Kontext von "weitergehen" ist die Publikation "Die Kunst des Öffentlichen. Projekte/Ideen/Stadtplanungsprozesse im politischen/sozialen/öffentlichen Raum", herausgegeben von Marius Babias und Achim Könneke. Thema des Bandes ist unter anderem die Frage nach dem Spezifischen der Projekt-Kunst der neunziger Jahre und der damit einhergehenden Rollenverschiebung vom Künstler zum Kulturproduzenten. Autoren, die zum Teil bereits auf dem Symposium vertreten waren, sind unter anderem Stella Rollig, Christian Kravagna, Kristine Stiles, Bojana Pejic, Jesko Fezer / Axel J. Wieder, Marius Babias, Skene/Schäfer, Dellbrügge & de Moll, Martin Pesch, Mercedes Bunz und John Miller.
| |
A. K. | |
Literatur: weitergehen 1, Newsletter, Hamburg April 1997 weitergehen 2, Newsletter, Hamburg Oktober 1997 Christian Philipp Müller; Achim Könneke (Hg.): Christian Philipp Müller. Kunst auf Schritt und Tritt. Public Art is everywhere, Hamburg 1997 (dt./engl.) AG Park Fiction, c/o GWA-St. Pauli-Süd(Hg.): 100% Park für St. Pauli-Süd, Hamburg 1997 Marius Babias; Achim Könneke (Hg.): Die Kunst des Öffentlichen. Projekte/Ideen/Stadtplanungsprozesse im politischen/sozialen/öffentlichen Raum, Amsterdam/Dresden 1998 HAMBURG ERSATZ von Dellbrügge & de Moll, Verlag + Institut für Moderne Kunst, Nürnberg 2000 (mit CD-Rom) |